«Importierte Gewaltbereitschaft» – (K)ein Imageschaden für Basel

    Ist Basel wirklich der neue Schweizer Hotspot für Gewaltdelikte und Kriminaltourismus?

    Basel soll aufgrund der Grenznähe und der so genannten «importierten Kriminalität» der neue Schweizer «Gewalt-Hotspot» sein. Viele mittelschwere Delikte und kleinkriminelle Straftaten würden jedoch von «Auswärtigen» begangen.

    (Bild: JoW) Für die Basler Kantonspolizei gab es 2016 viel zu tun. Die Baslerinnen und Basler empfinden ihre Stadt aber nicht als «Gewalt-Hotspot» – trotz der Statistiken

    Die Meldung liess aufhorchen und überraschte viele, die Basel eher als eine sichere Stadt empfinden. Das ist sie ohne Zweifel nach wie vor, da (noch) keine «Problemviertel» existieren oder entstanden sind (siehe Leitartikel in der Ausgabe KW 10-2017 vom 9. März). Die Stadt geniesst hierzulande aber auch in ganz Europa und sogar in weiten Teilen der Welt ein herausragendes Image als weltoffene, kompakte und lebendige Eventstadt.

    Basel wird auch so ein gutes Image transportieren
    Aber statistisch zeigt sich ein anderes Bild. Der Kanton erklärt dies mit so genannten «Zentrumseffekten» und der verschiedenen Grenzüber­gängen (Dreiland). Die Bevölkerungs- und Siedlungsstruktur sei zudem anders als auf dem Land, und das Landvolk feiere den Ausgang in der Stadt. Leider geschieht dies bei vielen zunehmend so exzessiv, dass immer öfter Schlägereien und sonstige Zwischenfälle registriert werden müssten.

    Wir haben mit Ex-Kriminalkommissär und dem langjährigen Mediensprecher der Staatsanwaltschaft Markus Melzl gesprochen. Er weiss, wie man die Kriminalstatistiken liest und interpretiert, kann zwischen den Zeilen lesen und nimmt seit seiner Pensionierung von den früheren Funktionen kein Blatt vor den Mund. So betont er auch Dinge, die man oft in den Medien oder auch bei verschiedenen offiziellen Pressestellen der Ämter aufgrund der «Political Correctness» gerne nicht so prominent verkündet: «Ein Beispiel hierfür ist die Ausländerkriminalität. Dieser Aspekt darf auf keinen Fall ausgeklammert werden. 53 Prozent aller Straftaten nach Strafgesetzbuch werden durch Ausländer begangen. Diese Zahlen sind heikel in der Interpretation, sagen aber auch viel aus. Auch wenn man dies insofern relativiert, dass von diesen 53 Prozent zusammengesetzt deren 31 Prozent von der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung, 4,4 Prozent von Personen aus dem Asylbereich und 17,6 Prozent von übrigen Ausländern wie Kriminaltouristen verübt werden.»

    (Bild: zVg) Markus Melzl: Der Ex-Kriminalkommissär und Sprecher der Staatsanwaltschaft Basel ist ein Fachmann auf dem Gebiet der Interpretation von Kriminalstatistiken

    «Höflichkeit der Polizei wird schnell mal als Schwäche interpretiert»
    Dass Basel nun in der ganzen Schweiz auf einmal auf diese Art mit der Veröffentlichung der diversen schweizweiten Kriminalstatistiken von 2016 in den Fokus rückt und sogar den Stempel «Gewalt-Hotspot» aufgedrückt bekommt, ist unverdient. Aber auch erklärbar. Markus Melzl: «Die Zentrumsfunktion spielt auf jeden Fall eine Rolle, wobei ich nicht nur das landschäftler Umfeld sehe, sondern auch die Grenznähe. Viele Leute aus dem badischen und elsässischen Umfeld reisen nach Basel, um hier in den Ausgang zu gehen. Und auch etliche Personen aus den französischen Problemvierteln der Regionen um Mulhouse kommen gerne nach Basel und schrecken auch vor Delikten und Gewalttaten nicht zurück.» Markus Melzl beobachtet vor allem eines: Die Basler Polizei wird von diesen Tätern als sehr korrekt wahrgenommen, was von nicht wenigen aus gewissen Kulturkreisen auch als Schwäche ausgelegt wird. «Unser Justizsystem wirkt dann auf gewisse Täter auch nicht sonderlich abschreckend», ist Melzls Fazit und erzählt von einer eigenen Erfahrung: Ein in flagranti festgenommener Elsässer habe ihm mal auf die Frage, weshalb er nach Basel komme um einzubrechen, obwohl es doch auch im Elsass schöne Häuser gebe, geantwortet: «Oui, mon commissaire, im Elsass hets au schöni Hiiser, aber nit so schöni Gfängnis». Das ist doch eine aussagekräftige Antwort… .

    «Viele Menschen suchen die Städte auf, um dort abzufeiern»
    Eine Zahl liess aufschrecken: Auf Tausend Einwohner/innen würden 110 (!!) Delikte anfallen. Vor allem aufgrund von «importierter» Kleinkriminalität. Wie steht man in Basel im schweizweiten Vergleich tatsächlich da mit Einbezug der Tatsache, dass in Städten immer «mehr los ist» als auf dem Lande und einige «Herrschaften» mehrere Delikte im Jahr verantworten? Melzl: «Es liegt auf der Hand, dass viele Menschen die Städte aufsuchen, um dort in den Ausgang zu gehen. So ist es auch verständlich, dass es in diesen Bereichen zu mehr Delikten kommt. Offenbar war letztes Jahr die Stadt Genf ein Hotspot, wobei die Situation in Genf sicher mit der Situation in Basel vergleichbar ist. Aber: Genf grenzt nur an Frankreich und nicht an zwei Länder. Die Kriminalitätszahlen für Basel als Stadtkanton vermischen sich dann auch nicht mit den tieferen Zahlen aus ländlichen Gebieten. Der klassische Stadt-Landmix fehlt in Basel.»

    Gewalt gegen Polizei: Generation «Schneeflöckchen» und Respektmangel
    Das für viele vielleicht «Empörendste», was aus der Statistik hervorgeht, ist die Tatsache, dass zunehmende Gewalt gegen Polizeibeamte fast schon als «salonfähig» betrachtet wird. Empörend deshalb, weil somit jegliche Grenzen des Respekts gegen eine Staatsgewalt schwindet oder aufgeweicht wird. Ist es sogar eine «coole Herausforderung», sich gegen Polizeibeamte unflätig oder gewaltbereit zu zeigen? Worauf führt Experte Markus Melzl als Insider diesen Trend zurück? Gibt es da «Unausgesprochenes»? Spürt man in Polizeikreisen einen steigenden Hass und hat dieses Thema auch mit kulturellen und sozio-ökonomischen oder demografischen Aspekten zu tun wie in Frankreich? «Es ist dies ein allgemeiner Trend, den man in der gesamten Gesellschaft beobachten kann. Das fängt bereits in der Schule an, wo Entscheide und Anordnungen der Lehrer durch die Eltern mit Anwälten durch alle Gerichtsinstanzen gepaukt werden. Das Bild, welches durch solches Verhalten den Heranwachsenden vermittelt wird, zeigt sich dann viel später auf der Strasse – und somit auch gegenüber der Polizei. Man lässt sich nichts mehr sagen, man sieht sich als Mittelpunkt des Universums und ganz grundsätzlich hapert es an der Achtung seiner Mitmenschen gegenüber», sagt der Experte. Die sogenannte Generation «Schneeflöckchen» reagiere dann ganz schnell hochbetroffen, wenn diese irgendwelchen polizeilichen Anordnungen Folge leisten müsse, sagt er weiter. «Staatliche Instanzen werden, wenn nicht als feindselig, so doch zumindest als höchst lästig wahrgenommen. Ich habe mal eine Mutter erlebt, die sich über die Festnahme ihres Buben fürchterlich aufregte und beschwerte sowie an einem Sonntag bei der Pikett-Mannschaft der Kripo für einigen Ärger sorgte …. nur war der Bube 35 Jahre alt!»

    JoW

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