Profis unterstützen Milizfeuerwehr

    Neue Feuerwehrorganisation im Oberbaselbiet

    Der gesellschaftliche und strukturelle Wandel hinterlässt seine Spuren auch im Feuerwehrwesen. Um Einsatzbereitschaft und Sicherheit der Bevölkerung gewährleisten zu können will man in der Region Liestal-Reigoldswil eine neue Organisationsstruktur aufbauen. Die interessierten Gemeinden sollen noch dieses Jahr Stellung zum Projekt beziehen.

    (Bild: © Beat Eglin, www.presstime.ch) Werner Stampfli (l) und Florian Kron erklären die Struktur des Projektes Florian

    «Das Projekt wurde von Gemeinden angestossen, die immer wieder über ihre Grenzen hinausschauen», sagte Florian Kron, der Präsident des Lenkungsausschusses. Die Arbeitsgruppe wurde auf Initiative und im Auftrag der beteiligten Gemeinden gegründet. Mit Büren, Nuglar, St. Pantaleon und Seewen waren sogar Solothurner Gemeinden dabei. Sie mussten sich aber aus gesetzlichen Gründen wieder zurückziehen. Der schweizerische Kantönligeist lässt eine effiziente Zusammenarbeit über die Kantonsgrenzen hinaus nicht in jedem Bereich zu.

    Fehlende Finanzen und Personalprobleme
    Ein grosser Teil der Feuerwehrleute ist nie aktiv an der Löschung eines Brandes dabei. Dabei mangelt es nicht an Gelegenheiten und Einsatzmöglichkeiten. Die Leute wohnen und arbeiten heute selten am gleichen Ort. Eingeteilt sind sie aber in die Feuerwehr am Wohnort. Dort wird regelmässig geübt und auch die Kameradschaft gepflegt. Bei einem Alarm tauchen sie gar nicht oder mit Verspätung im Magazin und somit auch am Einsatzort ein. Auch die Übernahme von höheren Chargen und damit mehr Verantwortung ist aus beruflichen und zeitlichen Gründen nicht mehr so begehrt. Etliche Baselbieter Gemeinden haben Probleme bei der Finanzierung ihrer Gemeindefeuerwehren und der Rekrutierung von Nachwuchs. Im Projekt «Florian» wollen sich Oberbaselbieter Feuerwehren zusammenschliessen und sich eine effizientere und schlagkräftigere Struktur verpassen.

    Milizler und Profis arbeiten zusammen
    «Organisatorisch blieben wir im 20. Jahrhundert stecken», sagte Projektleiter Stampfli. Früher waren die Leute mobil, heute sind es die Fahrzeuge. Zu Beginn soll Florian mit je einer Wache in Liestal und Reigoldswil arbeiten. Ein Neubau in der Mitte des Einzugsgebietes wäre ideal, kommt aber aus finanziellen Gründen noch nicht in Frage. Mit dem neuen Modell will man die Leute dort einsetzten, wo sie tagsüber arbeiten. So kommen sie auch zu Einsätzen, was beim bisherigen System selten der Fall ist. An den beiden Stützpunkten werden 10 Profis angestellt, von denen mindestens 5 immer einsatzbereit sind. Stampfli: «Es geht nicht um eine neue Berufsfeuerwehr, sondern um die Rettung des Milizsystems. Mit Florian gehen wir einen Schritt weiter und machen aus kleineren Verbünden einen grossen.» Geplant wird mit einem Mindestbestand von 125 Feuerwehrleuten. Heute sind es 250. Diese können aber alle weiterhin bei der Feuerwehr bleiben. Stampfli betont ausdrücklich, dass keine Ausmusterungen vorgesehen sind.

    Werner Stampfli reizte diese Aufgabe, weil sie «im Ansatz ein wenig revolutionär ist». Aus einem früheren Projekt, das in Brüche ging, zog man seine Lehren. Heute wird das gesamte Personal von Anfang an offen informiert und einbezogen. Ohne deren Unterstützung wäre auch Florian zum Scheitern verurteilt.

    Feuerwehr Liestal: Aufbruch zum Einsatz

    Tiefere Kosten und mehr Effizienz
    Die angeschlossenen Gemeinden haben heute ein Gesamtbudget von 2 Mio. Dieser Betrag reicht auch für die neue Organisation aus. Man redet sogar von Einsparungen, die in späteren Jahren in ein neues zentrales Feuerwehrzentrum investiert werden könnten. Grosse Kostenreduktionen sind bei Material und Fahrzeugen möglich. In unserem Kanton stehen heute 280 Feuerwehrfahrzeuge, davon über 60 teure Löschfahrzeuge! Die meisten davon werden kaum verwendet und verursachen trotzdem hohe Unterhaltskosten.

    Für die Realisierung von Florian braucht es die Zustimmung der beteiligten 11 Gemeinden (Liestal, Seltisberg, Lupsingen, Arisdorf, Hersberg, Bubendorf, Ramlinsburg, Ziefen, Reigoldswil, Lauwil, Bretzwil). Ausser Liestal und Bretzwil befinden sich alle bereits in einem Verbund von zwei bis drei Feuerwehren. Dass die lokalen Feuerwehren mit grossen Emotionen und Traditionen verbunden sind ist der Projektleitung bewusst. Die Feuerwehren sind aber kein Verein, sondern eine Organisation mit einer gesetzlichen Aufgabe. Neue Strukturen will man aufbauen, bevor der finanzielle oder politische Druck zu hoch ist. Die Gemeindeautonomie wird nicht tangiert und nach wie vor respektiert. Jede Gemeinde ist nach wie vor frei, sich weiterhin eine eigene Feuerwehr zu leisten. Der mittelfristige Weg führt aber nicht an Zusammenschlüssen vorbei. Sinnvoll für unseren Kanton sind fünf Verbünde.

    Beat Eglin

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