Wer nicht mitzieht, wird leiden…

    Der Weg zeigt Richtung «e-Government» – wie weit ist der Kanton Basel-Stadt?

    Manche Kantone und Gemeinden hinken bei der Digitalisierung etwas hinterher. Andere befinden sich gewissermassen auf dem Weg zu «Smart Cities» oder zum «Kanton 4.0». Speziell bei den Verwaltungen ist noch viel Potenzial nach oben.

    (Bild: PEXELS) Digitalisierung und e-Government in der Verwaltung: Viele Prozesse müssen zuerst implementiert werden, bevor die Effizienz wirksam wird.

    Der Kanton Basel-Landschaft ist eines der jüngsten Beispiele für das Voranschreiten von Digitalisierung und folglich die Etablierung von e-Government: 7,6 Millionen Franken ist die Digitalisierung der Kantonsverwaltung der Regierung des Kantons Baselland wert. Diese Summe wurde bei dem Landrat bis 2022 zur Umsetzung der Ende März 2019 publizierten Strategie vorgeschlagen. Mit der Vorlage «Digitale Verwaltung 2022» soll der Kanton die Chancen der Digitalisierung nutzen, um Verwaltungsleistungen effizienter zu erbringen und für Bevölkerung und Wirtschaft zu optimieren. Zunehmend werde erwartet, dass Verwaltungsgeschäfte einfach und zeitsparend online abgewickelt werden können.

    Die Ressourcen sind in den Verwaltungen nicht überall gross. Viele Massnahmen müssen parallel abgewickelt werden: Zum einen geht es um die Schaffung der Grundlagen und einer so genannten «medienbruchfreien Abwicklung». Wichtig ist auch die Führungs- und Supportprozess-Digitalisierung. Neue rechtliche Grundlagen müssen zudem geschaffen werden, damit die Prozesse von der Geschäftsabwicklung bis hin zur Zustellung amtlicher Dokumente korrekt verlaufen können.

    «Verwaltung 4.0» bedeutet Kreativität und nichtlineares Denken
    Eine grosse Herausforderung ist, dass zahlreiche Ämter und Behörden derzeit damit beschäftigt sind, ihre Geschäftsprozesse zu integrieren und mit neuen IT-Lösungen durchgängig zu unterstützen. Die Digitalisierung der Dienstleistungen und die Verwaltung mit Computerprogrammen haben laut Angaben des Bundesamts für Statistik (BFS) in der Schweiz in den letzten 15 Jahren bereits zum Verlust von über 180’000 Verwaltungsstellen geführt. In der gleichen Zeit haben sich intellektuelle und wissenschaftliche Stellen mehr als verdoppelt (von 614’000 auf 1,013 Millionen, Quelle: Swissinfo). Sie entsprechen heute mehr als einem Viertel aller Arbeitsstellen.

    (Bild: Bilddatenbank Basel-Stadt) Der Sitz der Finanzkontrolle Basel Stadt

    Hansjörg Hänggi, sie sind der Leiter der Fachstelle Kantonales E-Government. Welche Digitalisierungsprojekte werden im Moment umgesetzt, beziehungsweise in Basel realisiert?
    Hansjörg Hänggi: Einerseits die Erweiterung des Online-Leistungsangebots im Bereich Motorfahrzeugzulassung, die eSteuern und das elektronisches Logiernächtemanagement. Umgesetzt wurden in den letzten Jahren die Parkverbotsschilder, die Neu-Einlösung von PKW durch autorisierte Garagenbetriebe, den Stromsparfonds und den Subventions-Prozess für Literaturbeiträge.

    Welche neuen Digitalisierungsprojekte stehen in den kommenden Jahren bei Ihnen im Fokus?
    Hansjörg Hänggi: Zum einen das elektronische Logiernächtemanagement und die e-Steuern. Die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen fordert von den Hoteliers tägliche und monatliche Informationen an verschiedene Dienststellen und in unterschiedlichen Formaten an den Kanton zu senden. Das Projekt konzipiert die Datenflüsse neu und ermöglicht die Übermittlung der verschiedenen Daten direkt aus den Hotelbuchungssystemen, welches 95 Prozent der benötigten Daten schon vorhält. Kleinere Unternehmen, welche kein eigenes Buchungssystem haben können dies manuell über ein Onlineinterface erledigen. Das Ausfüllen der Steuern über eine PC Applikation hingegen ist bereits seit langem möglich. Ziel des Projektes ist es die Erfassung geräteneutral zu machen und auch bei der Beilagen-Digitalisierung zusätzlich Unterstützung zu bieten. Mit dem Bestreben des Bundesrats, die Unterschrift für Online Steuererklärungen, unter gewissen Voraussetzungen, abzuschaffen wird auch in Basel die reine Online Steuerklärung möglich.

    Welchen neuen Projekten gilt in den nächsten Jahren in Basel die Priorität?
    Hansjörg Hänggi: Da wären viele. Ein Beispiel ist das elektronische Baubewilligungsverfahren. Die Komplexität von Baubewilligungen, haben schon oft die Forderung nach Vereinfachung und durchgängiger digitaler Bearbeitung, auch vom Grossrat, zur Folge gehabt. In diesem Projekt sollen die ersten Schritte dazu eingeleitet und umgesetzt werden.
    Weiter wird im Rahmen der Informatik-Strategie im speziellen der Digitalisierung Rechnung getragen und die Digitalisierungsroadmap des Kantons Basel-Stadt erarbeitet.

    (Bild: PEXELS)

    Was kostet so ein Digitalisierungsprojekt?
    Hansjörg Hänggi: Das kann man schwer pauschal beziffern. Die Unterschiede in den Zielsetzungen, Voraussetzungen, Kultur in der Dienststelle, Infrastruktur, zum Beispiel das Vorhandensein eines Fachsystems und dessen Funktionalitäten beeinflussen den Digitalisierungsaufwand. Vom Bund oder partnerschaftlichen Organisationen gibt es teilweise Unterstützung. Jenes für das Logiernächtemanagement, an dem mehrere Departemente und alle Beherbergungsbetriebe des Kantons beteiligt sind, wird aufgrund seines innovativen Ansatzes durch das SECO unterstützt.

    Welche Digitalisierungsprojekte sind bis jetzt in Basel gescheitert?
    Hansjörg Hänggi: Wir stehen mit der Digitalisierung noch relativ am Anfang, so dass wir hier noch nicht, auf einen Erfahrungsschatz zurückgreifen können. Jedoch gibt es aus den bisherigen Projekten, bereits Erfahrungen, wie man es besser machen kann.

    Wie viele Daten werden mittlerweile jetzt digital verarbeitet?
    Hansjörg Hänggi: Wir bewegen uns hier in einem sehr hohen Prozentbereich. Da fast alle Dienst- und Amtsstellen über eigene Fachsysteme verfügen, werden auch fast alle zugehörigen Daten digital verwaltet. Oft werden aber die Produkte wie Bescheinigungen, Bewilligungen und Verfügungen nach wie vor auf dem Papierweg ausgetauscht.

    Warum dauern Digitalprozesse so lange in der Umsetzung?
    Hansjörg Hänggi: Abhängig von der Komplexität des betrachteten digitalen Prozesses benötigt es zusätzlich finanzielle Mittel um diese zu konzipieren, umzusetzen und die Betreuung im Betrieb sicher zu stellen. Dies und die Tatsache, dass die meisten Digitalisierungsprojekte auch Einfluss auf Organisation und Tätigkeiten haben, welche von Beginn an mit berücksichtigt werden müssen, ergeben eine relativ lange Vorlaufzeit, bevor mit der eigentlichen Umsetzung begonnen werden kann.

    Wie sind die Herausforderungen rechtlicher oder organisatorischer Art?
    Hansjörg Hänggi: Ob organisatorische, rechtliche oder Datenschutzaspekte im betrachteten Projekt zu klären sind wird bereits früh in der Entstehung eines Projektes geklärt. Da hier zum einen viel Zeit benötigt wird um Anpassungen an rechtlichen Grundlagen zu erarbeiten und zu verabschieden. Zum anderen müssen bei organisatorischen Änderungen auch die betroffenen Mitarbeiter von Beginn weg einbezogen werden um Ängste zu verhindern.

    Wie weit ist der Digitalisierungsprozess in Basel im Vergleich zu den anderen Kantonen?
    Hansjörg Hänggi: Eine Einschätzung unsererseits zeigt, dass wir im vorderen Mittelfeld rangieren. Während vielerorts wichtige Prozesse digitalisiert wurden, hat Basel den Weg gewählt, zuerst eine standardisierte Infrastruktur und Implementierungsframework zu implementieren und hat während dieser Zeit zurückhaltend einzelne Leistungen digitalisiert wie beispielsweise das Parkkartensystem «Zufahrt Innerstadt». Trotzdem darf man sagen, dass das Onlineangebot, in den verschiedenen Ausprägungen, vom PDF Formular bis zum durchgehenden digitalen Prozess, durchaus nennenswert ist.

    JoW,
    Mitarbeit: Daniele Ciociola

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