«Zuhause bleiben und keinen falschen Stolz zeigen»

    Grippewelle in Baselland – Epidemiologischer Schwellenwert überschritten

    Die Grippewelle hat den Kanton Baselland seit Wochen fest im Griff. Dies, weil der epidemiologische Schwellenwert von 68 Erkrankungen auf 100 000 Einwohner überschritten wurde. In den Firmen ist man alarmiert, weil (zu) viele trotz starken Symptomen bei der Arbeit erscheinen.

    (Bilder: PEXELS) Bei Grippe haben sowohl Arbeitnehmende wie auch Arbeitgebende eine Sorgfaltspflicht zu erfüllen.

    Aus Angst vor oder aus Furcht, sich den Vorwurf gefallen zu lassen, ungenügenden Einsatz zu zeigen erscheinen viele trotz starken Grippesymptomen bei der Arbeit. Man wolle schliesslich die Kolleginnen und Kollegen oder die Klienten nicht im Stich lassen. Die eine oder andere Deadline sitzt im Nacken.

    Manche entscheiden sich in solchen Fällen alternativ für das Home Office, beziehungsweise für die Heimarbeit. Gegen dieses Verhaltensmuster äussert sich jedoch die Gewerkschaft Unia. Denn «auch Home Office sei Arbeit» und so sei Home Office, wenn man selber krank ist oder kranke Kinder betreuen muss, die falsche Lösung, heisst es in den Sensibilisierungs-Communiqués der Unia. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass bei Betreuung kranker Familienmitglieder ein Anspruch auf eine Arbeitsbefreiung von bis zu drei Tagen pro Krankheitsfall bestehe. Aber wirklich konkret einfordern tun dies die wenigsten. Denn auch dies könnte falsch ausgelegt werden – als würde man von der Situation «profitieren» wollen.

    Verletzung der Fürsorgepflicht
    Mehrere Schweizer Studien zeigen: Fast die Hälfte der Angestellten hierzulande erscheint mindestens einmal pro Jahr krank zur Arbeit. Aber: Arbeitnehmende, die krank zur Arbeit erscheinen und fahrlässig andere anstecken, verletzen ihre Treuepflicht. Die Arbeitgeber hätten dann die Pflicht, kranke Mitarbeiter/innen nach Hause zu schicken. Es handelt sich hierbei um die Einhaltung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Zudem weiss man, dass rund zwei Drittel der durch Krankheit verursachten Kosten nicht durch Absenzen, sondern durch das Weiterarbeiten trotz Krankheit verursacht werden. Kränkelnde Mitarbeiter können nicht die volle Leistung bringen und es kommt zu einem Produktivitätsverlust.

    Die Gewerkschaften verweisen im übrigen auch auf die versicherungstechnischen Aspekte: Das richtige Verhalten im Krankheitsfall spiele eine Rolle. Die Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber sei bei unverschuldeter Arbeitsverhinderung grundsätzlich eine Pflicht. Doch wer krank zur Arbeit gehe, riskiere, dass die Lohnfortzahlung verweigert werde, falls er im Anschluss schliesslich doch noch ausfallen sollte.

    Nicht unwichtig: Die Symptome einer Erkältung beziehungsweise einer richtig starken Grippe richtig deuten. Bei einer Grippe ist ein konsequentes Verhalten wichtig.

    Symptome deuten: Soll ich zur Arbeit, oder soll ich nicht?
    Wichtig für den Entscheid, ob man zur Arbeit erscheint oder nicht, sei zu wissen, welches die Unterschiede zwischen Grippe und einer Erkältung sind und wie man die Symptone deutet: Eine richtige Influenza (Grippe) dauert bedeutend länger als ein grippaler Infekt (Erkältung). Bei den Symptomen zeigt sich früh einer der auffälligsten Unterschiede: Die Erkältung kommt langsam, die Grippe stellt sich innerhalb weniger Stunden ein und dies in heftiger Form. Bei einer echten Grippe sind normalerweise Kopf-, Glieder- und Halsschmerzen sowie Fieber schlimmer als bei einer Erkältung. Man fühlt sich müder, teils auch Wochen nach der eigentlichen Genesung. Die Erkrankungsdauer ist länger: Bei einer Grippe sind mit einer bis zwei Wochen zu rechnen, eine Besserung lässt lange auf sich warten. Bei einer Erkältung ist es meist weniger als eine Woche. Der einzige Punkt, der bei einer Erkältung normalerweise heftiger ausfällt, ist der Schnupfen. Wer unter einer Grippe leidet, hat oftmals gar nur leichte Schnupfen-Symptome.

    Situation in der Region: Schwellenwert überschritten
    Und wie steht es nun um die Grossregion Basel/Baselland? Die Baselbieter Kantonsärztin Frau Dr. Monika Hänggi von der Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion schätzt die aktuelle Lage folgendermassen ein: Aktuell sei die Influenza im Kanton Basel-Landschaft weit verbreitet, denn der epidemiologische Schwellenwert von 68 Erkrankungen pro 100’000 Einwohner sei überschritten. Die Grippe sei über das gesamte Gebiet Basel-Landschaft weit verbreitet: «Aktuell zeigen die Meldezahlen einen konstant hohen Wert. Üblicherweise erreicht die Influenzawelle einen Höhepunkt gegen Ende Winter oder zu Beginn des Frühjahrs. Eindeutige Prognosen lassen sich jedoch nicht stellen. Im Kanton Basel-Landschaft zeigt sich eine recht gleichmässige Verteilung der Erkrankungen in allen Altersklassen, mit einer leichten Häufung in der Klasse zwischen null bis neun Jahren und 50 -54 Jahren.»

    Auch Dr. med. Simon Fuchs, MPH stellvertretender Kantonsarzt Leiter Sozialmedizin Basel Stadt bestätigt die Tendenz, die im Stadtkanton ähnlich ausfällt. Der Peak der Grippewelle sei noch nicht erreicht, sagt er. «Die Fälle sind gehäuft in der Altersgruppe der 30-34-Jährigen und der 80-84-Jährigen. Generell sind aber alle Altersgruppen betroffen. Auch er betont, dass das Erscheinen bei der Arbeit bei starken Grippesymptomen alles andere als vorteilhaft sei: «Die Übertragung von Influenza-Viren erfolgt über Tröpfchen. Das bedeutet, dass bei geringer Distanz über Husten, Niesen und Kontakt mit Material aus den oberen Luftwegen die Ansteckungsgefahr droht. Die Übertragung ist ebenfalls über mit virushaltigen Sekreten kontaminierten Oberflächen und anschliessendem Hand-Mund- oder Hand-Nase-Kontakt möglich.» Achtung: Tastaturen sind oftmals besonders verkeimt. Um eine Infektion zu verhindern, empfiehlt sich, direkte Kontakte wie Küsse, Händeschütteln und so weiter zu verhindern. Wichtig sei, so Dr. med. Simon Fuchs, das regelmässige Händewaschen mit Wasser und Seife, die einmalige Verwendung von Papiertaschentüchern beim Husten oder Niesen oder, falls keine vorhanden sind, Husten oder Niesen in die Armbeuge. Bei Grippesymptomen sollten die Erkrankten unbedingt zu Hause bleiben. Eine zeitgerechte Impfung könne ausserdem vieles abfedern.

    Redaktion


    Influenza in der Schweiz

    Die aktuellen schweizerischen Monitoringzahlen zur Influenza sind unter www.bag.admin.ch/bag/de/home/krankheiten/ausbrueche-epidemien-pandemien/aktuelle-ausbrueche-epidemien/saisonale-grippe—lagebericht-schweiz.html einsehbar.

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